Zu zweit demokratisch wählen
Zahl der Maschinisten und
Führungskräfte geht zurück
Bericht: Nikolaj Schutzbach
Die Freiwillige Feuerwehr Reichenau zeigt bei Wahlen zwei
wesentliche Eigenschaften. Im Vorfeld wird geklärt, wer sich nun für
welches Amt zur Verfügung stellt. Diese Informationen werden vorbildlich
auch den Presseeinladungen beigefügt. Der Vorteil dieser Vorbereitung
liegt auf der Hand: Die Wahlberechtigten wissen, es gibt jemand, der
Verantwortung übernehmen möchte. Die andere Eigenschaft ist die der
Überraschung. So kam es denn vor fünf Jahren zu einer überraschenden
Wende, als einer der beiden Kommandantenstellvertreter nicht wieder
gewählt wurde, sondern jemand, der nicht auf der Wahlliste stand. Über die
Stilfrage lässt sich dabei streiten. Aber so etwas ist in einer Demokratie
zulässig. Dieses Mal gab die Wahl zum Stellvertreter des Jugendleiters
ein Lehrbeispiel für Demokratie. An der Hauptversammlung im Feuerwehrhaus
nahmen nur zwei Jugendliche von 15 teil. Die anderen konnten wegen
Krankheit oder anderer Verpflichtungen nicht teilnehmen. Martin Bussmann
hatte sich vorab zur Wiederwahl gestellt. Die Auszählung ergab eine Stimme
für ihn, und eine für Danny Blum. Eine Beratung des Kommandos mit
Bürgermeister Wolfgang Zoll und Kreisbrandmeister Carsten Sorg ergab, dass
sofort ein zweiter Wahlgang stattfinden soll. Nachdem Danny Blum auf
Nachfrage des Bürgermeisters erklärt hatte, seine eventuelle Wahl nicht
anzunehmen, wurde schließlich Martin Bussmann mit zwei Stimmen gewählt.
Die übrigen Wahlen erfolgten teils einstimmig oder mit sehr großen
Mehrheiten. "Das Kreisjugendfeuerwehrzeltlager wird uns ganz stark
beanspruchen", betonte Kommandant Andreas Schlegel. Rund 700 Gäste und
über 30 Jugendfeuerwehren würden vom 25. bis 30. Juli erwartet. "Ich
hoffe, dass wir dadurch ein paar neue Mitglieder bekommen", erklärte
Jugendleiter Sebastian Böhler. Am Projekt 2030, das beschreiben soll,
wie sich die Gemeinde in den kommenden Jahren entwickelt, nehme die
Feuerwehr ebenfalls teil, berichtete Schlegel. In den kommenden sechs
Jahren würden etliche Feuerwehrleute in die Altersabteilung wechseln. Ein
aktiver Feuerwehrdienst ist nur bis zum vollendeten 65. Lebensjahr
möglich. "Wir verlieren dadurch sieben Maschinisten und fünf
Führungskräfte", mahnte der Kommandant. Dazu komme, dass der
Lastwagen-Führerschein nicht mehr bei der Bundeswehr erworben werden
könne. "Die Zeiten, als jedes Jahr vier bis fünf Jugendliche in die
aktive Wehr gewechselt sind, sind vorbei", erläuterte Schlegel. Zudem
seien viele der jungen Feuerwehrleute wegen ihres Berufs nicht mehr Tag
und Nacht auf der Insel. Etliche würden nach ihrem Schulabschluss auswärts
studieren oder manche ein Auslandsjahr einlegen. "Die fehlen uns bei den
Einsätzen", betonte er. Bis sie vielleicht zurückkehren um hier eine
Familie zu gründen, könnten Jahre vergehen. "Wir müssen in den nächsten
Jahren versuchen, stärker Nachwuchs zu gewinnen. Die Verwaltung ist
gefordert, dass sie uns unterstützt", ergänzte Andreas Schlegel. Eine
weitere Herausforderung sieht der Kommandant ist den schärfer werdenden
Gesetzen, Verordnungen und Prüffristen. "Das ist selbst für Hauptamtliche
schwierig", sagte er nachdrücklich. Im Mai 2019 solle endlich die
Umstellung der Alarmierung auf Digitaltechnik erfolgen. Rund 30 000 Euro
würde die Beschaffung von 70 Funkmeldeempfängern ("Piepsern") und die
Anpassung der Technik im Feuerwehrhaus kosten. Diese Investition könne
nur in einem Rutsch erfolgen, erinnerte er Bürgermeister und Gemeinderäte.
Das Ehrenamt entlasten möchte Kreisbrandmeister Sorg durch die Einrichtung
dreier hauptamtlich betriebener Versorgungsstellen im Landkreis. Als
Standorte seien im Gespräch Konstanz, Rielasingen und Stockach. Dort
sollen unter anderem Schläuche repariert, Atemschutz- und Messtechnik
gewartet und Kleidung gereinigt werden. "Wir holen ab und liefern wieder",
betonte er. In einer kurzweiligen Bilderschau ließ Pressesprecher
Thomas Baumgartner die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres noch
einmal aufleben. Besonders tragisch sei der Schiffszusammenstoß im
Gnadensee verlaufen, bei dem ein Junge so schwer verletzt wurde, dass er
ein Bein verlor. Die Angehörigen der Feuerwehr leisteten 6313
ehrenamtliche Stunden. "Die 67 Einsätze waren ziemlich viel", erklärte
Thomas Baumgartner. Dazu zählten Unwetter, Schilfbrände, Verkehrsunfälle
und Ölspuren.
Wahlen:
Kommandant Andreas Schlegel,
Stellvertreter Sebastian Böhler und Johannes Deggelmann, Leiter
Jugendfeuerwehr Sebastian Böhler, Stellvertreter Martin Bussmann,
Leiter Altersabteilung Karl Huber, Stellvertreter Manfred Wendt.
Ehrungen:
40 Jahre: Pirmin Beck und Stefan Riebel;
25 Jahre: Thomas Huber und Daniel Wehrle; 10 Jahre: Christian
Böhler, Sabrina Futterer, Kai Hermann und Markus Schlegel. Peter
Kude wurde für seine 35-jährige Tätigkeit als Kassier geehrt. Er
wird das Amt demnächst an einen Nachfolger übergeben, den der
Feuerwehrausschuss wählt.
Statistik:
Zum Jahresende hatte die Feuerwehr
Reichenau 61 aktive Männer und drei Frauen und damit in Summe drei
weniger als 2016.
Die Jugendfeuerwehr legte um zwei auf 13
zu. Aktuell hat sie 15 Mitglieder.
Die Altersabteilung hat 18 Mitglieder.
Sie verzeichnete 2017 zwei Todesfälle. |
Text:
Nikolaj Schutzbach/SÜDKURIER
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